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BDAforum mit Thomas Auer/Transsolar – Nachbericht und Aufzeichnung

26. Februar 2024

Foto: Julian Martitz
Foto: Julian Martitz

Am vergangenen Donnerstag war Prof. Thomas Auer in der Reihe BDAforum zu Gast beim BDA Landesverband Niedersachsen. Rund 100 Gäste waren in den Calder-Saal des Sprengel Museums Hannover gekommen und verfolgten interessiert den Vortrag mit dem Titel „Einfach bauen“.

Foto: Julian Martitz
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Prof. Thomas Auer

Thomas Auer ist Professor für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen an der TU München (TUM) und Partner bei Transsolar. Er arbeitet mit namhaften Architekturbüros weltweit an preisgekrönten Projekten, die sich durch ihr innovatives Design und integrale Klimastrategien auszeichnen. Er lehrte an diversen Universitäten – u.a. an der Yale Universität (New Haven). 2014 wurde er als ordentlicher Prof. an die TUM berufen. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Dekarbonisierung des Gebäudesektors, sowie die Klimaadaption und deren Auswirkung auf die Aufenthaltsqualität. Er ist Mitglied der Akademie der Künste und außerordentliches Mitglied im BDA.

Foto: Julian Martitz
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Die BDA Landesvorsitzende Dilek Ruf begrüßte die Gäste und stellte den Referenten kurz vor.

Am Anfang seines Vortrags zeigte er eine historische Aufnahme des Flat Iron Buildings in New York aus dem Jahr 1900. Massiv gemauert, mit zu öffnenden Fenstern und außenliegendem Sonnenschutz.
Die Klimaanlage war da noch nicht erfunden. Erst in den 1920er Jahren entwickelte die Firma Carrier die Klimaanlage, und diese Technologie sollte – zusammen mit der Erfindung der Vorhangfassade – das Bild der New Yorker Skyline und nicht nur dieser völlig verändern.

In den 1990er und den 2000er Jahren prägte die Glas- und Hightecharchitektur das Baugeschehen. Die Gründung von Transsolar fiel genau in diese Zeit und prägte auch die Arbeit des Teams. So habe er u.a. an der Planung des gläsernen Neubaus der NORD/LB in Hannover mitgewirkt, sagte Thomas Auer. Am Beispiel des Manitoba Hydro Buildings im kanadischen Winnipeg von den Architekten KPMB zeigte der Referent die Prinzipien der nachhaltigen, energieeffizenten Planung in Passivbauweise. Zwischen zwei Büroscheiben ist ein nach Süden ausgerichteter hoher Wintergarten angeordnet, der zur Klimatisierung des Gebäudes genutzt wird. Eine Doppelfassade vor den Büros an den Ost- und Westfassaden trägt ebenfalls dazu bei. Zusätzlich wird Erdwärme über Bohrpfähle und Wärmepumpen zum Heizen oder Kühlen mittels Bauteilaktivierung genutzt. Anders als bei vielen Glasarchitekturen in Deutschland wurde dieses kanadische Bürogebäude über Jahre „gemonitort“ und die Bedienung optimiert, sodass nach 2 Jahren „Monitoring“ schließlich der anfangs planerisch ermittelte Energieverbrauch von 88 kWH/m² a sogar noch unterboten wurde. Für das kanadische Energieunternehmen Manitoba Hydro, deren Hauptsitz das Gebäude ist, ein Aushängeschild.

Foto: Julian Martitz
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Der Referent des BDAforums beschrieb sehr anschaulich, welcher technische Aufwand nicht nur bei solchen gläsernen Bürobauten betrieben werden muss und wieviel Einfluss das Nutzerverhalten auf den Energieverbrauch hat. Seit Einführung der EU-Taxonomie vor 2 Jahren seien die Business Districts in London oder auch anderswo Sanierungsfälle. Glas- und Hightech Architekturen hätten ihre Vorbildfunktion in Sachen Nachhaltigkeit verfehlt. Ein Umdenken müsse stattfinden, wenn wir in Zukunft nachhaltig bauen wollen.

Foto: Julian Martitz
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Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „EINFACH BAUEN“ im Bau

Foto: Julian Martitz
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Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „EINFACH BAUEN“ – 3 vom Grundriss her identische Wohngebäude in 3 verschiedenen „einfachen“ Bauweisen

Anhand von mehreren Forschungsprojekten bewies Auer, dass es sich lohnt, sich auf die Vergangenheit als Vorbild zu besinnen. Traditionelle Bauten aus den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts, wie z.B. eine Grundschule in München, haben nachweislich bessere Raumklimawerte als aufwendig gestaltete Schulbauten in Holz- und Passivbauweise, wo ganze Geschosse für die Lüftungstechnik benötigt werden. Deshalb startete man an der TU München das interdisziplinäre Forschungsprojekt „EINFACH BAUEN“, bei dem 3 vom Grundriss her identische Wohngebäude als Studierendenwohnheime gebaut wurden in 3 verschiedenen „einfachen“ Bauweisen – Holz, massiv gemauert und in monolithischer Betonbauweise mit Lochfassade und zu öffnenden Fenstern für natürliche Belichtung und Belüftung.

Foto: Julian Martitz
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Es gibt nicht nur die eine Lösung, um dem Klimawandel zu begegnen sondern es benötige viele verschiedene Ansätze – vom einfachen Bauen, über zirkuläres Bauen bis zur klimafreundlichen Umgestaltung von öffentlichen Räumen.

Ein weiteres Forschungsprojekt an der TU München beschäftigt sich zurzeit mit Studien zum „Raumkomfort“, zum Wohlbefinden und zur Leistungsfähigkeit. Hier arbeiten Studierende in einem sogenannten „Sense-Lab“ unter unterschiedlichen „Klimabedingungen“. Ein Ergebnis der Messungen und Beobachtungen sei, dass vormittags die besten Arbeitsbedingungen herrschten und im Laufe des Tages die Leistungsfähigkeit nachlasse. Vielleicht ein Argument, nicht mehr 8 Stunden am Tag zu arbeiten sondern nur 6 in Teilzeit, meinte Thomas Auer. Schließlich betonte er, dass es, um dem Klimawandel entgegenzutreten, nicht den einen richtigen Weg gäbe, sondern es benötige viele verschiedene Ansätze – vom einfachen Bauen, über zirkuläres Bauen bis zur klimafreundlichen Umgestaltung von öffentlichen Räumen. Tatsache ist, dass wir uns „aus der Komfortzone“ bewegen müssen.

Foto: Julian Martitz
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Thomas Auer erklärt, dass seit Einführung der EU-Taxonomie vor 2 Jahren die Business Districts in London oder auch anderswo Sanierungsfälle seien. Glas- und Hightech Architekturen hätten ihre Vorbildfunktion in Sachen Nachhaltigkeit verfehlt. Ein Umdenken müsse stattfinden, wenn wir in Zukunft nachhaltig bauen wollen.
Foto: Julian Martitz
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Wir müssen die Komfortzone verlassen.

Nach dem Vortrag gab es noch eine Fragerunde, die die BDA Landesvorsitzende Dilek Ruf moderierte, bevor der Abend mit guten Gesprächen beim Glas Wein im Calder-Saal ausklang.

Foto: Julian Martitz
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Fragen an den Referenten gestellt von Dilek Ruf und Prof. Tatjana Sabljo, Vorsitzende des BDA Hannover

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Gespräche beim Glas Wein im Anschluss an den Vortrag

Wer nicht dabei sein konnte, kann sich die Aufzeichnung noch hier anschauen. Der Vortrag beginnt ungefähr ab der 30. Minute.
Text: Susanne Kreykenbohm

Es folgen noch einige Impressionen von dem Abend.
Alle Fotos: Julian Martitz