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Viel zu früh: Zum Tode von Frank Plesse (1972-2020)

18. Mai 2020

Frank Plesse (1972-2020)

Eine dieser Nachrichten, die man zunächst nicht glauben kann: Frank Plesse ist gestorben. Mit noch nicht einmal 48 Jahren, ganz unerwartet, zu Hause.
Er hinterlässt seine Frau und drei Kinder – und hier ist „viel zu früh“ mehr als eine Worthülse. Ein schrecklicher Verlust.
Für sein Büro, das er 2002 zusammen mit Andreas Oldenburg in Lüneburg gegründet hatte, wird vieles anders werden. Mit Frank Plesse verliert das Büro einen immer inspirierenden, liebenswerten, positiven Menschen, der eben nicht nur mit dem, was er fachlich einbrachte, überzeugte.

Frank Plesse studierte nach einer Tischlerlehre in Lübeck 1995-2000 Architektur, arbeitete studienbegleitend bei petersen pörksen, Architekten BDA Lübeck, und danach in Rostock bei Michael Bräuer, Architekt BDA.
Seine hohe berufliche Expertise und seine Begeisterung als Architekt, sein großes Interesse an unserer Umwelt und unserer gebauten Umwelt führten bald dazu, dass er sich auch außerhalb der eigenen Arbeit engagierte. So war er von 2008 bis 2016 beratendes Mitglied im Gebäudeausschuss des Kirchenkreises Bleckede und von 2012 bis 2016 beratendes Mitglied im Bauausschuss der Stadt Lüneburg. 2018 wurde er in die Vertreterversammlung der Architektenkammer Niedersachsen gewählt.

In den BDA war er zusammen mit seinem Partner Andreas Oldenburg 2011 berufen worden, und bereits 2015 übernahm er im BDA-Bezirk Lüneburg als Vorsitzender Verantwortung und wurde eine tragende Säule in der Arbeit unseres Bundes.
Als Mitglied des Landesvorstandes haben wir ihn noch zuletzt auf unserer zweitägigen Klausurtagung im Februar aktiv, kommunikativ und die Themen voranbringend erlebt. Dabei lenkte er die Aufmerksamkeit immer gern auf die regionale Arbeit – einem Thema, bei dem uns in Niedersachsen Frank Plesse besonders fehlen wird.

Ein Schwerpunkt seines und seines Partners kreativen Wirkens im Büro oldenburg. plesse. ARCHITEKTEN BDA war und ist der Neubau, Umbau, die Erweiterung und Sanierung von Schulen, Kindertagesstätten und Krippen. Dabei zeigen die Projekte sehr individuelle Fußabdrücke – bei einer als perfekt geschilderten Symbiose im Team.

Frank Plesse hat sich gern auf seinen Reisen inspirieren lassen und im hohen Norden die Leichtigkeit der skandinavischen Architektur genossen. Weniger Regularien, mehr kreative Freiheit, auch mal um die Ecke denken, den Kindern gerechter werden – das waren seine Ansätze. Auch mal Fünfe gerade sein lassen. Im Büro hängte er eine kleine Karte auf: „Ich lass das jetzt so.“ Diese fünf Worte reichen aus – denn man kann auch zu viel denken und ändern, machen und anpassen, Rücksprache halten und nochmals neu denken.

Auf der anderen Seite war er immer bereit im Entwurf die „Extra-Meile“ zu gehen, ein Auge beim Blick aufs Stundenkonto zuzudrücken, wenn die Idee nur überzeugte. Er inspirierte und ermutigte Mitarbeiter mit den Worten „Trau Dich doch“ oder „mach doch einfach“ und lud damit ein, größer zu denken, weiter zu gehen und mehr zu wollen, denn „Standard können alle“.

Für die Arbeit an pädagogischen Bauten war es für ihn wichtig, „in Farben“ zu denken, Rückzugsmöglichkeiten und Lern-Nischen zu schaffen, Spiel- und Ruheräume einzurichten – Erziehung von klein auf entspannter zu gestalten und auf die Bedürfnisse, auch außerhalb der Klassenräume, einzugehen. Weg von der Flurschule, hin zu offenen Lernwelten. Ein Tätigkeitsfeld, das er in den letzten Jahren immer mehr bearbeitete und das Büro weiter beschäftigen wird. Seine Handschrift wird sich dabei sicher auch in neuen Projekten wiederfinden.

Foto: © Thorsten Scherz, Lüneburg
Foto: © Thorsten Scherz, Lüneburg
Neue Mensa in der alten Turnhalle der Wilhelm-Raabe-Schule in Lüneburg von op. architekten – Oldenburg. Plesse. Architekten BDA PartnerschaftsG mbB

Ein besonderes Projekt war für ihn die Wilhelm-Raabe-Schule in der Altstadt von Lüneburg. Der denkmalgeschützte Bau entstand 1906-1908, Frank Plesse baute ihn mehrfach um. In einem Bauabschnitt wurde in die alte Turnhalle eine moderne Mensa hineingeplant und das dunkle, zugebaute und verschachtelte Kellergewölbe wurde in ein Lernzentrum mit Arbeits- und Rückzugsbereichen für die Schüler verwandelt. Und auch hier erlaubte er sich, unkonventionell zu agieren. Die Kellerräume waren eigentlich zu dunkel, der Einbau in der Turnhalle war eigentlich zu aufwendig.
Sein großes Wissen ließ ihn entspannt sein Tagewerk verrichten. Sein Mut und seine Entschlossenheit ließen große Ideen zu. Er behielt in der Arbeit den Fokus, wenn andere sich im Detail verloren.
„Ja, dann mal los“, das war seine knappe Zusammenfassung, wenn der Entwurf für gut befunden war. Er ließ sein Team auch einfach mal machen – mit Loyalität zur Seite stehend und sich in stürmischen Zeiten davorstellend.

„Mit Leib und Seele hat Frank Plesse dafür gebrannt, etwas Gutes für die Menschen zu schaffen.“ – kommentierte ein Bauherr.
Und der BDA Niedersachsen verliert mit Frank Plesse einen ganz wichtigen Kollegen, einen überzeugten BDAler, einen Freund. Er hätte uns allen und dem BDA noch so viel geben können und wollen. Er hatte das Zeug dazu, Dinge zu bewegen.

Andreas Oldenburg, Frank Möller, Matthias Rüger

Dieser Nachruf wird auch in der kommenden Ausgabe von „der architekt“ (Ausgabe 3/2020) veröffentlicht.

Frank Plesse organisierte u.a. im Jahr 2016 eine Exkursion nach Århus für die BDA Bezirksgruppe Lüneburg. Seinen Exkursionsbericht finden Sie hier.