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Helgoland-Exkursion des BDA Lüneburg

7. November 2017

Mitglieder der BDA Bezirksgruppe Lüneburg begaben sich auf die Spuren der Nachkriegsmoderne: Exkursion am 22./23. September 2017 nach Helgoland

Helgoland ist als Ausflugsziel und für seinen zollfreien Einkauf bekannt. Dass es bei der Nordseeinsel aber auch um eine Ikone der deutschen Nachkriegsarchitektur handelt, ist vielen nicht bewusst.

Foto: Frank Möller
Foto: Frank Möller

Die Bezirksgruppe Lüneburg hat sich dem Thema der Nachkriegsmoderne angenommen und Helgoland besucht. Unter der fachkundigen Führung von Dr. Jan Lubitz, Architekturhistoriker und Denkmalpfleger aus Hamburg sowie Autor vieler Artikel und Bücher über die Architektur Helgolands, konnten wir die Besonderheiten der Inselbebauung erleben und erlaufen.

Foto. Frank Möller
Foto. Frank Möller

Helgoland war nach dem 2. Weltkrieg vollständig zerstört. Nach der Rückgabe 1952 wurde der Wiederaufbau der Insel beschlossen. Aus einem Architektenwettbewerb ging u.a. der Entwurf von Georg Wellhausen aus Hamburg als Sieger hervor. Auf der Grundlage des Entwurfs wurde in den Folgejahren mit verschiedenen Architektenpersönlichkeiten der 1950er Jahre, u.a. Ingeborg und Friedrich Spengelin, Hübotter und Werner Kallmorgen der Wiederaufbau vorangetrieben.

Foto: Frank Möller
Foto: Frank Möller

Der städtebaulichen Grundriss mit engen Gassen und kleinen Plätzen spiegelt die Anforderungen des Klimas und der Umgebung wieder. Geduckt, eng zusammengerückt präsentieren sich die Gebäude in einer leichten Wellenform, die mit den Wellen des Meeres korrespondiert und sich vor den Winden zu schützen suchen. Die Trennung der Funktionen ist von der Charta von Athen geprägt. Geschickte Wegeführungen lassen eine Bewegung der Besucher von Ost nach West zu, während der Bewohner sich mehr in Nord-Süd Richtung bewegt.

Foto: Frank Möller
Foto: Frank Möller

Die knappe Architektursprache der Gebäude ist geprägt von den Ideen der Bauhausarchitektur und der nordischen Moderne. Besonders auffällig sind die Einflüsse der nordischen Achitektur beim Rathaus (Spengelin 1959-1960), der Volks- und Mittelschule (Otto Christopherson 1957-1961) und der Jugendherberge (Spengelin 1956-1957), die mit gelbem Klinker, flächenbündigen Fenstern und flachgeneigten Dächern an die Werke Arne Jacobsen und CF Möller erinnern. Das Farbkonzept der Insel ist bis heute prägend und basiert auf einem Entwurf von Johannes Ufer.

Foto: Frank Möller
Foto: Frank Möller

Trotz der einheitlichen Sprache und der großartigen Gedanken der Architekten macht es Helgoland in der heutigen Form Bewohner und Besuchern nicht leicht, ein vorbehaltloses Verständnis für diese Architektur zu wecken. Denkmalpflege und Besitzer der Gebäude führen einen immerwährende Kampf zwischen nicht mehr zeitgemäßen und engen Grundrissen, fehlenden Belichtungsflächen, Energieeinsparverordnung und eingeschränktem Zugang zu Baustoffen. Ein leicht morbider Charme ist abseits der Hauptstraßen in den Gassen zu erkennen, aber auch immer wieder eine maßstabsgerechte und detailgetreue Weiterentwicklung der Häuser. Neubauten findet man nur wenige.

Foto: Frank Möller
Foto: Frank Möller

Diese besondere und weitgehend erhaltene Struktur der Bebauung, die begeisternde Führung durch Herrn Dr. Lubitz und das herrliche Wetter haben den Ausflug nach Helgoland besonders gemacht. Helgoland ist als Gesamtkunstwerk der Nachkriegsmodene und mit seiner besonderen Identität für alle Architekturinterressierten ein Besuch wert.

Frank Plesse, Architekt BDA, Lüneburg